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mieselsüchtig



schwächlich, kränklich, in schlechtem Zustand


Wortart: Adjektiv
Kategorie: Gemütszustände, Befindlichkeiten
Erstellt von: avenarius
Erstellt am: 19.12.2012
Bekanntheit: 56%  
Bewertungen: 5 0

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Kommentare (7)


Zurück zu den Wurzeln:
Miselsucht = Lepra, doch das Wort kommt aus dem Arabischen - meskīn = 'aussätzig', aber auch allgemein 'arm, elend, unglücklich, in schlechtem Zustand'). Alt- und mittelhochdeutsch wurde es zur gefürchteten "misalsuht" bzw. "miselsuht". Ab dem 15. Jh. wurde die "Miselsucht" dann allmählich durch den "Aussatz" verdrängt, war im 18. Jh, praktisch verschwunden, ist im Laufe des 19. Jh. aber wieder erneuert worden, z.B. von Gerhart Hauptmann, als er die mhd. Sage (bzw. das Legendenepos des Hartmann von Aue ) vom "Armen Heinrich", dem die "Miselsucht" den Leib zerfrisst, zu einem 5-aktigen Theaterstück verarbeitete. Das arabische meskīn war ins Latein des Mittelalters übrigens als misellus übernommen worden, die Spitäler für die Leprakranken waren die Mesellaria; s. z.B.*Matthias Hofer,
"Etymologisches Wörterbuch der in Oberdeutschland, vorzüglich aber in Oesterreich üblichen Mundart", Bd. 2, S. 260, http://tinyurl.com/c8kdulr
, oder * "Beiträge zur Landeskunde Österreich's unter der Enns" (1832), S. 198 - http://tinyurl.com/c8dp5w4). Da mit dem Rückgang der Lepra auch andere Kranke und Kränkelnde in diesen Spitälern Aufnahme fanden, hat das Adjektiv damit wohl seine sehr stark gemilderte allgem. Bedeutung "kränklich" erlangt.Dass dich das Mäusel beiß! soll ja auch nichts mit der zärtlichen bair. Kose-Form des Mäusleins ( = "Mausi") zu tun haben, sondern infolge der bair.-österr. Diphthongierung von Mîsel > Meisel eine ganz böse Verwünschung gewesen sein: "Dass dich der Aussatz befalle!"
Koschutnig 19.12.2012


Also, ich hätte das
für allgemeindeutsch gehalten, jedoch:
"Wiktionary" markiert es eindeutig als österreichisch, im DUDEN steht es gleich überhaupt nicht (!).
JoDo 17.02.2013


Im einst berühmten "Via Mala"-Roman
taucht's doppelt auf: »Langweilige Beamte geruhten zu erscheinen, gewichtige Persönlichkeiten mit bedeutender Miene, desgleichen einige magere Exemplare mieselsüchtiger Bürokraten, die in Begleitung ihrer mieselsüchtigen Frauen hinter ihren Chefs und Unterchefs einhermarschierten.« Das war allerdings 1934 ( Nachdruck der Dt. Buchgemeinschaft, Berlin 1957, S. 278 ). Nun verkaufte sein Verlag den Verfasser John Knittel zwar als "Schweizer Schriftsteller", doch der in Indien geborene Sohn einer Südtirolerin und eines württembergischen Missionars kam zwar mit 4 J. in die Schweiz, ging aber mit 17 für Jahrzehnte nach London und schrieb dann alle seine Bücher auf Englisch, auch dann noch, als sich schließlich wieder in der Schweiz niederließ. Wer sie übersetzt hat, blieb unbekannt - 's könnt also auch ein/e Österreicher/in gewesen sein, von dem/der das doppelte "mieselsüchtig" herrührt.
Koschutnig 17.02.2013


"ein alter, kränklicher Mensch"
Jedenfalls von einem Österreicher stammt die folgende Verwendung
»Er ist soviel ’mieselsüchtig’ und ‘s ist keine Freud beimit ihm, „ klagte die Luzina. – „Mein Gott, ein alter, kränklicher Mensch!“ sagte der Pankraz. « - (Peter Rosegger: "Die Rede des Verteidigers", in: "Das Geschichtenbuch des Wanderers. Novellen
und Skizzen aus dem Weltleben", Tredition/Projekt Gutenberg S. 236)
Neuer (2006) ist Hermann Schadlers Krimi „Tödlicher Kurschatten“ aus dem Novum-Verlag in Horitschon.: »…bin froh, dass wir den Hotelkomplex für einige Stunden verlassen, man wird ja sonst ganz mieselsüchtig – äh - ich meine, man braucht einfach ein wenig Tapetenwechsel“ « (S. 89)
Koschutnig 18.02.2013


"Der hängt do wia a stinkerts gsöchts!" - "Jo der is scho den ganzen tag so mieselsüchtig"
clavicula 04.05.2015


Beim zweiten, ebenfalls mit -ie- geschriebenen Eintrag steht folgender Kommentarvon lupina am 5.2.2019:

ÖWb: „mieselsüchtig (ugs.) = schlecht gelaunt“
und diese Bedeutung entstand wohl infolge einer Assoziation von unverstandenem „Miselsucht“ und „miselsüchtig“ mit
jiddisch ‚mies’, übel, unangenehm (Miesmacher, Miesepeter) und ‚miserabel’ (von Latein für ‚traurig’).
Die Miselsucht aber, das war das deutsche Wort für die Lepra, ehe der „Aussatz“ sie verdrängte.
Pernhard 31.01.2021


Kommentarfortsetzung zu [/i]mieselsüchtig:
Wer vermutet nun Araber hinter der Miselsucht? Der Wortursprung des mittelhochdt. miselsuht sei „mesquin“ und das sei arabisch für ’arm, elend, aussätzig’, schrieb Enno von Littmann („ Morgenländische Wörter im Deutschen“, 2. Aufl., Tübingen 1924)
und noch in der 19. Auflage 1963 folgte ihm darin Kluges berühmtes Etymologisches Wörterbuch. Das arab. Wort sei dann im Mittelalter mit latein. ‚misellus’ übersetzt worden. Seit 1974 verschweigt Kluge die Araber, die Lepra aber, die ist geblieben.
Pernhard 31.01.2021





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